IGEL Blog
Frauen in der IT-Branche: „Wir brauchen mehr davon“
Interview mit Jessica Vaz Rodrigues, VP Inside Sales EMEA, IGEL Technology GmbH
Noch immer sind nur knapp 18 Prozent der Beschäftigten in der deutschen IT-Branche Frauen. Das wird sich voraussichtlich nicht so schnell ändern. Denn auch in den Informatik-Hörsälen herrscht weiter akuter Frauenmangel. Dort liegt laut Berechnungen des Digitalverbands Bitkom der Frauenanteil unter den Studierenden im Erstsemester seit mehreren Jahren konstant bei etwa nur einem Viertel.
Eine Initiative, die Frauen in der IT nachhaltig stärken will, ist das Women’s IT Network (WIN). Mit einer aktiven Online-Community, regelmäßigen Treffen und dem großen FIT-Jahreskongress sorgt das Netzwerk für den persönlichen Erfahrungsaustausch. Den Höhepunkt des diesjährigen FIT-Jahreskongresses am 25. November in Frankfurt bildet die Verleihung der WIN-Awards. Ausgezeichnet werden erfolgreiche Frauen aus der IT-Branche oder dem IT-Umfeld. Unter den Nominierten ist dieses Mal mit Jessica Vaz Rodrigues auch eine IGEL Mitarbeiterin. Jessica leitet als „VP Inside Sales EMEA“ das EMEA-weite Team für den Vertriebsinnendienst. Sie ist nun nominiert für den WIN-Award in der Kategorie „Young Leader“. Zur Wahl stehen dabei weibliche Führungskräfte, die nicht älter als 35 Jahre sind.
Jessica ist seit zehn Jahren bei IGEL. 2017 hat sie mit 27 Jahren als „Manager Inside Sales“ die Leitung des deutschen Vertriebsinnendienstes übernommen. Es war ihr größtes Ziel, aus einer eher administrativ geprägten Abteilung einen proaktiven Innendienst aufzubauen, der maßgeblich zum Vertriebsziel beiträgt und eine eigene Vertriebs-Pipeline aufbaut. Die Erfolge, die sie mit dem deutschen Team erreicht hat, überträgt sie seit 2020 als „VP Inside Sales EMEA“ auch auf ganz EMEA. Wir haben uns mit Jessica über ihre Rolle als Führungskraft, den Aufbau eines dezentralen Teams während der Corona-Krise und Frauen in der IT unterhalten.
Redaktion: Du führst ein Team mit Mitarbeitenden, die in ganz Europa verteilt sind. Wie gelingt das?
Jessica Vaz Rodrigues: Die 21 Mitarbeiter*innen sind auf sechs Länder verteilt: Deutschland, Belgien, Niederlande, Österreich, Großbritannien und Schweden. Die anderen europäischen Länder betreuen wir von Deutschland aus. Als ich das Team Anfang letzten Jahres übernommen habe, stand ich vor der Herausforderung, ein neues Team zu formen, das es bis dato nicht gab. Und dann kam Corona.
In dieser schwierigen Situation kam mir sehr zugute, dass ich schon lange bei IGEL bin und die meisten Vertriebsinnendienstler*innen ebenso. Wir kannten uns also schon ein bisschen. Außerdem hatte ich meine Anfangszeit vor den Einschränkungen durch Corona glücklicherweise gut genutzt, um die Leute in den Regionen persönlich kennenzulernen und zu erfahren, was ihre Wünsche und Probleme sind. Obwohl es so viele verschiedene Länder sind, waren die Anliegen doch relativ ähnlich.
Sie baten vor allem um eine engere Abstimmung. Deshalb gibt es jetzt virtuelle Meetings mit dem gesamten Team und auch noch regionale Meetings. Mitarbeiter*innen in den Regionen außerhalb Deutschlands sollten nicht den Eindruck haben, dass sie nachrangig wären. Deshalb halte ich mit den Teammitgliedern jeder Region wöchentliche Meetings ab, die ohne triftigen Grund auch nicht verschoben werden.
Außerdem habe ich Strategien entwickelt, um die Mitarbeitenden miteinander zu vernetzen. Eine davon war zum Beispiel, auch mal Fragen nicht selbst zu beantworten, sondern an Kolleg*innen innerhalb des Innendienstteams weiterzugeben. Auf diese Weise hat sich das Team kennengelernt. Mein Ziel war es, die Stärken des Einzelnen herauszuarbeiten, sie im Team bewusst zu machen und dann gezielt für den Teamerfolg zu nutzen.
Ich liebe die Zusammenarbeit mit Menschen aus ganz unterschiedlichen Kulturen. Wir können so viel voneinander lernen und alle profitieren davon. Die Diversität bei IGEL ist zum Glück bereits sehr gut ausgeprägt.
Aber ich will nicht verhehlen, dass ich mich am Anfang schon beweisen musste. So manchem fiel es schwer, mich als Führungskraft zu akzeptieren. Ich bin eine Frau, ich bin jung. Ich musste erst einmal zeigen, was ich kann. Aber eigentlich ist das ja überall so (lacht).
Redaktion: Welche Ziele hast du dir mit deinem Team gesetzt?
Jessica Vaz Rodrigues: Mein wichtigstes Ziel überhaupt ist es, zu zeigen, dass wir eine eigene Verkaufsabteilung mit sehr guten Leuten sind. Wir sind nicht nur Zuarbeiter. Der Schlüssel dafür war internes Marketing. Dieses Teilziel haben wir definitiv schon erreicht. Es gibt jetzt zum Beispiel eigene Verkäuferbüros für den Vertriebsinnendienst, um den erwirtschafteten Umsatz aufzuzeigen.
Das nächste große Ziel ist, dass wir den Small- und Medium-Business-Bereich so gut betreuen, dass sich der Außendienst wirklich nur auf Großkunden fokussieren kann. Da sind wir schon auf einem guten Weg. Und damit machen wir uns natürlich unabkömmlich (lacht).
Redaktion: Was ist dir als Führungskraft wichtig?
Jessica Vaz Rodrigues: Ich will sehr offen und fair führen – und immer lösungsorientiert. Wenn etwas nicht so gut läuft, spreche ich das an, mache Lösungsvorschläge, die dann umgesetzt werden. Ich versuche, Veränderungen immer gemeinsam mit dem Team zu erarbeiten. Denn dadurch werden sie natürlich ganz anders mitgetragen.
Auch ist es mir wichtig, den Mitarbeiter*innen ihre Stärken und ihren Nutzen für das Team aufzuzeigen und dadurch zu motivieren.
Redaktion: Was macht deinen Erfolg als Führungskraft aus?
Jessica Vaz Rodrigues: Ich bin eine sehr ehrgeizige, loyale und aktive Frau. Ich warte nicht darauf, dass etwas passiert, sondern ich bin maßgeblich daran beteiligt. Ich führe mein Team empathisch und nutze die Stärken jedes Teammitglieds, um uns immer ein Stück weiterzubringen. Ich bin fest davon überzeugt, dass man aus jeder schwierigen Situation im Leben etwas lernt.
In meinen Projekten habe ich gelernt, wie wichtig Vernetzung und offene Kommunikation sind. Diese Prämissen gebe ich stets an mein Team weiter.
Redaktion: Mit den WIN-Awards werden erfolgreiche Frauen aus der IT-Branche oder dem IT-Umfeld ausgezeichnet. Dein Statement zum Thema „Frauen in der IT“?
Jessica Vaz Rodrigues: Wir brauchen mehr! (lacht) Leider ist es immer noch so, dass wir Frauen in der IT unterschätzt werden. Ein Beispiel: Ich habe im IGEL-Außendienst sehr jung angefangen. Meine Kunden aus dem Behördenumfeld und der öffentlichen Hand waren im ersten Moment schon sehr verwirrt, dass ich über IT reden und sogar unsere Software, auch unsere Administrationssoftware, erklären konnte. Das hat sich bis heute nicht sehr geändert. Deshalb besuche ich Veranstaltungen wie den FIT-Kongress. Wir Frauen müssen uns gegenseitig stärken, wir müssen uns gegenseitig fördern und fordern, um dafür zu sorgen, dass Vorurteile und Vorbehalte verschwinden.
Redaktion: Vielen Dank für das Gespräch!
Hier geht es zur Abstimmung für Jessica.